BROKALHAUS

Das intermediale Kunst-Projekt

 

„übern Berg“

Poetik als Krankheit

ein Bergpsychodrama für 2 Personen

von hwmueller

 

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1. Bild. Eine Bank. Rundherum Gebirge(Beamer).

2. Bild. Eine spärlich eingerichtete Berghütte, offen zum Publium. An der linken Wand ein Wamslerofen. In der Mitte ein Tisch, dahinter eine Bank, daneben zwei Stühle. Rechts, in der Mitte der Bühne die Hüttenwand mit Fenster.

 

Das Stück funktioniert am besten, wenn man dieses in unterscheidlichen Tempo denkt. Vom Spielstand(PAUSE) bis zur Raserei ist alles möglich. Diese Dualität spiegelt die beiden Formen der Stille in den Bergen wieder. Die innere, in der Hütte und die äussere der Berge, oberhalb der Baumgrenze. Der offene Raum der Natur und die Enge des Gefängnisses.

 

 

Die Personen:

ER, etwa 30-50 Jahre, den man selten mit dem Gesicht sieht. Er hält sich immer an den dunkleren Stellen auf. Zudem ist er extrem sprunghaft und emotional instabil.

SIE, etwa 30-50 Jahre, ihr Gesicht soll die „Leinwand der inneren Qualen“ abgeben. D.h. SIE hat immer das meiste Licht. SIE wirkt immer beherrscht und sachlich.

 

 

 

Vorspiel

(Auf einer Bank sitzt ER im Halbdunkel. Im Hintergrund eine Berglandschaft.

SIE erscheint, bemerkt IHN nicht, stellt sich an den Bühnenraum und schaut voller Ergriffenheit in die Ferne. Mit ihrem Handy fotografiert sie die Landschaft.)

SIE: (zum Foto) Mein Gott, ist das schön!

ER: (Nach einer kurzen Pause) Ja, JAJA!

SIE: (erschrickt, freundlich) Huch,haben Sie mich erschreckt!

ER: (mürrisch)Ja! UND?

SIE: Kein Problem, ist nicht so schlimm. (Pause) Ich war soooo in Gedanken.

ER: Ja! (dreht sich um) Das geht schnell.

SIE: (zum Foto)Es ist unglaublich. Diese Stille. Diese Weite. Ist das geil!. Diese Tiefe.

(Er schweigt, dann)

ER: Diese Einsamkeit! Diese Verlassenheit!

SIE: Ja, dann ich muss mal weiter. Schönen Tag noch.

ER: Ja!

(Sie geht links ab. Er sitzt mürrisch auf der Bank. ER singt.)

 

Sitting in the morning sun I'll be sitting when the evening comes
watching the ships roll in and I'll watch 'em roll away again yea
I'm sitting on the dock of the bay watching the tide roll away ooh
I'm just sitting on the dock of the bay wasting time

I left my home in Georgia headed for the Frisco bay
'cause I've had nothing to live for
and look like nothing's gonna come my way

 

Dieselbe Szenerie wie oben.

ER sitzt immer noch auf der Bank. SIE kommt von rechts auf die Bühne. Man merkt ihr eine leichte Angespanntheit an. SIE steht wieder an der Bühnenrampe.

SIE: (seufzt) Ach!....(lacht) Oh nee! Hier war ich doch schon!

ER: Ja!

SIE: (erschrickt) Aaah, Herrgott, Sie wieder!

ER: Nein!

SIE: Wie? Nein?

ER: Sie wieder!

SIE: Ich?

ER: Ja, Sie sind hier falsch. Sie haben sich verlaufen.

SIE: Nein, ähm, ja, ich habe mich im Kreis gedreht.

(Schaut in die Ferne)

ER: Das ist normal. Das gehört dazu.

SIE: Was sagten Sie?

ER: Das ist normal!

SIE: Normal? Was ist normal?

ER: In der Höhe verläuft man sich schnell. Sehr schnell, sehr. sehr schnell. (macht eine Drehbewegung mit dem Finger um die Stirn) Da dreht die Kompassnadel durch.

SIE: Ach, was reden Sie! Ich habe doch eine Karte. Und ich, ich habe mich an die Wegweiser gehalten.

ER: (zu sich) In der Höhe verlaufen! Seltene Wege.

SIE: Was sagten Sie?

ER: Die Wege sind alt. Niemand pflegt sie. Es kommen nämlich nie Menschen hierher. Obwohl es doch so schön ist. Man hört nichts als seinen eigenen Herzschlag.

SIE: (Hat ihm nicht zugehört. Sie dreht sich abrupt zu ihm, zieht eine Karte hervor und breitet sie aus) Hier eine ganz neue Karte. Quasi noch Druckfrisch und hier mein Navi. Alles korrekt. Alles.

ER: (schaut sich die Karte an)

SIE: Oder irgendwie nicht. Keine Verbindung. Oh je, auch der Notruf funktioniert nicht.

(ER beginnt zu lachen)

SIE: (leicht wütend)Was gibt es da zu lachen?

ER: Tschuldigung, aber das ist eine falsche Karte.

SIE: (Die Karte prüfend) Ach, was reden Sie? (schaut sich die Karte an und erblasst.)

ER: Das ist ein, ein fremdes Gebirge.

SIE: (mit dem Finger auf der Karte) Hier! Nein,hier! Oder, Oh je hier habe ich einen falschen Weg gewählt.

ER: (für sich) Ein falsches Ziel.

SIE: (heftig) Verflucht. Ich habe doch alles geplant und nun habe ich mich verlaufen.

ER: Nein, Sie haben sich nicht verlaufen!

SIE: Ach Sie!

ER: Sie haben nur ein anderes Ziel.

(Sie schaut ihn neugierig und leicht fordernd skeptisch an. Zuckt die Achsel, dann) Ja, eins das Sie vorher noch nicht kannten. (Sie beginnt zu lachen. Da es leicht hysterisch ist, dauert es ein wenig länger)

ER: Lachen Sie über mich?

SIE: Es ist so komisch. Ich könnte mich kaputt lachen. Da plane ich akribisch meine erste Wandertour die ich alleine mache, - das erste was ich überhaupt wirklich alleine plane - organisiere, bringe den Mut auf Loszugehen, da verlaufe mich glatt und – schaut ihn an - treffe auf einen Philosophen.(Kommt aus dem Lachen. Kurze Stille)

ER: (ernst) Ich bin kein Philosoph.

SIE: Das war nicht so gemeint...

ER: (streng) Ich habe mich auch verlaufen.

SIE: Dann haben Sie gewusst, dass der Weg da in den Kreis führt? (will lachen, stockt und ist leicht sauer) Das hätten Sie mir doch sagen können.

ER: Sie haben nicht gefragt! Sie haben sich lieber ihrem Navi anvertraut.

SIE: (verärgert) Guten Tag!

(Sie geht rechts ab.)

(blackout)

 

 

Dieselbe Szenerie wie oben. Es ist dunkler geworden.

(ER ist aufgestanden und schaut mit dem Fernglas in die Ferne. SIE kommt von links auf die Bühne. Sie ist erschöpft. Man merkt ihr eine noch grössere Angespanntheit an. SIE steht wieder an der Bühnenrampe.)

SIE: Ich habe es befürchtet. Sie schon wieder.

ER: Nein!

SIE: Natürlich sind Sie es!

ER: Nein, ich bin nun ein Anderer. Sie sind immer noch die Selbe. Sie haben sich zwar bewegt, sind aber gleich geblieben. Ich sitze hier und verändere mich immerzu.

SIE: (geht nicht darauf ein) Es wird dunkel.

ER: Das kann man nicht wissen.

SIE: (leicht zornig) Ich sehe doch das es dunkel wird!

ER: Kann man die Nacht sehen?

SIE: Sie können hier bleiben und sich verändern bis Sie schwarz werden. Mir reicht es, ich gehe... (Geht einige Schritte nach links, dann nach rechts, merkt, dass SIE die Richtung nicht weiss)

SIE: Können Sie mir nicht helfen?

ER: Womit?

SIE: Gehen Sie mit mir hinunter. (Plötzlich ganz munter) Da hinten sehen Sie, da, da sind Leute. (Sie zeigt in die Richtung, in welcher ER zuvor mit dem Fernglas geschaut hatte.)

ER: Ja, dass sind Sie.

SIE: Sie kennen Sie?

ER: Ja, es ist meine Gruppe.

SIE: Dann schnell hinterher. (rennt los)

ER: Die werden wir nicht mehr erreichen. Die sind schon - über alle Berge – Es ist sinnlos.

SIE: Ich bitte Sie – kommen Sie – bitte (Sie geht re. ab. ER folgt ihr langsam)

(blackout)

 

Zwischenszene

(ER von links, sie von rechts. SIE sehen sich, drehen abrupt um. Ab. Darauf gleiche Szene, nur entscheiden sie sich gemeinsam abzugehen.)

(blackout)

 

 

Dieselbe Szenerie wie oben. Es ist merklich dunkler geworden.

(Zwei Rücksäcke fliegen auf die Bühne. ER kommt auf die Bühne, atmet tief durch, nimmt einen Rucksack, setzt sich auf die Bank, schaut ins Tal, beginnt eine Wurst zu essen. Einige Zeit später erscheint SIE auf allen Vieren. Sie bricht vor der Bank zusammen. Sie schnauft, ringt nach Luft.)

 

ER: Wo ist das Wasser?

SIE: (erschöpft) In meinem Rucksack.

(ER kippt ihren Rucksack aus.)

SIE: (erschöpft)Bitte...

ER: (ungeduldig) Wo ist das Wasser...?

SIE: Mein Wasser. In der linken...

(ER hat schon die Flasche raus gezogen und trinkt diese in einem Schluck aus.)

SIE: Danke.

ER: (rülpst) Wir müssen weiter.

(ER steht zum Weitergehen bereit. SIE hat sich auf die Bank gesetzt)

SIE: Ich kann nicht mehr. Wir drehen uns doch nur im Kreise.

ER: Dann bleiben Sie eben. Ich mache meine Fehler nur einmal.

SIE: Hören Sie, Sie sind mir zwar nicht verpflichtet, aber ich habe Ihnen vertraut.

ER: Das haben schon viele...

SIE: Hören Sie auf, Sie kennen den Weg doch auch nicht....

ER: Ich habe es Ihnen doch gleich gesagt.

SIE: Jetzt bin ich wieder Schuld.

ER: Kommen Sie!

SIE: Nein! (ER will ihr den Rucksack aus der Hand reissen, SIE aber klammert ihn fest an sich. Irgendwann lässt SIE nach und ER geht mit beiden Säcken li. ab – SIE schliesst die Augen – Stille – Plötzlich knarrzt es – SIE erschrickt – Berggrollen – Eine Lawine? – Ein Rucksack kommt von li. geflogen – SIE schaut ungläubig in das Gesicht von ihm)

ER: Wenn die Polizei mich mit ihrem Rucksack sieht, wird sie denken, ich habe Sie umgebracht.

SIE: Ich werde auf die Gruppe warten....

ER: Die werden nicht kommen. Wir sind von der Welt abgekommen...

SIE: Dann gehe ich...

ER: Es ist zu spät. Jetzt ist es zu spät.

(SIE geht re. . Aus dem Off. SIE rutscht und gibt einen Schrei von sich. ER sitzt auf der Bank und lacht.)

ER: Weiber. Können einfach nicht hören.

(ER steht auf und geht zur Tür der Hütte, die im Hintergrund kaum merklich zu sehen ist. ER beginnt die Tür aufzubrechen. SIE kommt humpelnd vor rechts)

SIE: Was machen Sie?

ER: Uns ein Nachtbett erobern.

SIE: Sie glauben doch nicht, dass ich mit ihnen hier....?

ER: Sie sind doch zurück gekommen.

SIE: (trotzig) Ich brauche Sie nicht...

ER: Gut! Ich brauche Wärme, unten musste ich genug frieren. (Hat die Tür aufgebrochen. SIE sitzt auf der Bank. ER schaut von innen nach draußen) Eine herrliche Aussicht. Wollen Sie nicht reinkommen. Von hier ist der Himmel noch weiter.

SIE: Ich habe Durst.

ER: (seine Laune hat sich verbessert. ER beginnt in der Hütte zu räumen) In der Höhe verdursten. Am Ziel, am Ende des Lebens.(lacht)

SIE: Das ist nicht komisch.

ER: Sondern?

SIE: Fatal.

ER: Fatal, sehr gut. Fatal. Ein schönes Wort. So glatt, so gerade. So scharf. Faaaaaaatal. Das ist fataaaaaaal. Hört sich an wie. Faaa.... rums ist die Schneide der Guillotine hinunter. Ein kurzer schmerzloser Tod. Verdursten dagegen ist die wahre Strafe. Warum hat man die Zaren in der russischen Revolution nicht verdursten lassen. Ein langsamer Tod, wie es die Untertanten leiden mussten. Ja, hat nicht das Volk gedürstet. Danach. Gedürstet nach Blut.

SIE: Können Sie nicht das Thema wechseln.

ER: Haben sie keinen Durst?

SIE: Nicht nach Blut

ER: Nach Leben?

SIE: Nein.

ER: Sondern?

SIE: Nach Wasser, nach schlichtem banalem Wasser, aber ich kann nicht aufstehen. Mir tut alles so weh.

ER: Der Rettung kommt.

(ER verlässt die Hütte mit einem Eimer. Ihr Blick folgt ihn, wie ER sich von der Hütte rechs entfernt)

SIE: Was haben Sie vor?

ER: Wasser holen.

SIE: Das ist gut, sehr gut

(SIE streckt sich auf die Bank und schließt die Augen, die sie sogleich aufreißt, da ein heftiges Gepolter zu hören ist) Das kommt davon, wenn man sich was traut. Alleine in die Berge. Was hat mich da bloß geritten.(Sie lehnt sich zurück und singt.)

ER: Schauen Sie, was ich gefunden habe.

SIE: (noch ganz erschrocken) Holz?

ER: Holz!

SIE: Wozu Holz.

ER: Zum Feuermachen!

SIE: Zum Feuermachen?

ER: Es wird kalt.

SIE: Es ist Kalt!

ER: Ja, es ist kalt.

SIE: Wo ist das Wasser?

ER: Da gibt es eine Quelle. Ich hole es später. Ersteinmal mache ich Feuer.

SIE: Wollen Sie hier tatsächlich übernachten?

ER: Nein, Kochen.

SIE: Wir sind gerade einer Katastrophe entkommen und Sie, Sie , Sie wollen, wollen kochen?

ER: Man muss weiterleben. Wenn man will.

(ER geht in die Hütte. SIE kramt in seinem Rucksack, findet ein Messer, versteckt es in ihrer Hosentasche. Sie kramt weiter, nun findet SIE ein Bild von einer jungen Frau. Plötzlich erscheint ER, so dass SIE nur noch schnell das Bild unter ihrem Hemd verstecken kann.)

ER: Ich brauche Streichhölzer.(ER sucht in seinem Rucksack).

SIE: In meiner Tasche sind welche.

(ER kramt weiter in seinen Rucksack)

ER: Ich muss sie irgendwo haben. (ER nimmt ihren und kramt dort)

SIE: Unten. Wahrscheinlich unten.

(Er kippt abermals den Rucksack aus.)

ER: Nix.

SIE: Bitte. Nächste Mal möchte ich ihn selber auskippen

(ER wirft ihr den Sack zu.)

ER: Es ist Ihrer!

SIE: Danke. Sie sind zu freundlich.

ER: Man tut sein Bestes!

(SIE greift in die Seitentasche holt das Feuer heraus)

SIE: Ich weiß es zu schätzen. Hier!

(ER geht zurück in der Hütte, beginnt den Herd anzufeuern, SIE sitzt draußen, versucht unauffällig zu lauschen. Bricht schluchzend zusammen. Blackout)

 

 

Dieselbe Szenerie wie oben.

(Nur das Bühnenbild ist näher gekommen. Wir blicken auf das Innere einer Hütte. Im Hintergrund re. ein kleiner Ofen. In der Mitte ein Tisch mit 2 Stühlen. Li. Provisorische Schlafplätze.)

 

ER: (plötzlich völlig verändert-spricht zu sich selbst) Weiber. Immer wollen Sie recht haben. Aber das wird ich dir schon zeigen.

(ER kniet vor dem Ofen und macht Feuer.Sie sitzt auf der Bank)

ER: Wissen Sie woran mich das erinnert?

SIE: Woran?

ER: „Übern Berg“.

SIE: Übern Berg?

ER: Ein Film von hwmueller. Ein Deutscher zwar. Aber genial. Ein sich selbst erfüllender Film.

SIE: Ich will nichts davon hören.

(Er beginnt eine Zwiebel zu schneiden)

ER: Ein Mann und eine Frau haben sich gerade kennengelernt und beschließen gemeinsam in die Berge zu gehen. Mögen Sie Horrorfilme?

SIE: (Schaut erschöpft in die Berge): Ich will nichts davon hören.

ER: Sie verlaufen sich. Ein Gewitter zieht auf. Sie kommen auf eine verlassene Hütte, in der sie die Nacht verbringen müssen. Ihre erste Nacht. Schnell merkt die Frau, dass irgend etwas nicht stimmt mit dem Mann.

SIE: Hören Sie auf damit!

ER: Bevor sie schlafen gehen, erzählt der Mann, dass er im Schlafe von Dämonen befallen wird, die ihm befehlen, Menschen zu töten.

SIE: (Steht auf, brüllt das es im fernen Gebirge widerhallt) Hören Sie auf!

 

(PAUSE)

 

ER: (Er geht wieder in die Hütte) Es wird dunkel. Sie haben nur eine Kerze.

(SIE hält sich die Ohren zu) Er beruhigt Sie. Denn die Liebe heilt alle Wunden. Sie lieben sich ja. Und er ist sehr liebenswürdig - Sie aber beginnt – aus Furcht – an ihren Gefühlen zu ihm zu zweifeln und spielt ihm etwas vor. Er merkt es. Den Entzug von Aufmerksamkeit.

(Stille - SIE macht ihre Ohren wieder frei - dann weiter ER mit der gleichen Eindringlichkeit)

ER: Er wurde in seinem Leben immer wieder verlassen. Er reagiert auf Ablehnung mit Mordphantasien. Besonders feinfühlig ist er geworden. Er kann die Lügen erkennen. Und er liebt die Wahrheit. Die große Mutter Wahrhaftigkeit. Denn er hat ein Stigmata, eine Art Genialität, eine Phantasie, die so stark ist, dass die Dinge, die Geschichten, die er erdenkt, wahr werden. Er ist ein Schöpfer, ein Künstler, ein Poet.

PAUSE

(Sie dreht sich langsam zu ihm und geht auf ihn zu)

ER: Er passt die Wirklichkeit seinen Träumen an. Er ist kein Phantast.

SIE: Ich mag nicht mehr.

PAUSE

ER: Nachts, im Traume hat er schon tausende Male getötet. Die Befehle aus dem Orakel in seinem Zimmer, dem Fernseher lauten: tötet die Lügner. Rächt die Guten... Im Lichte des Tages aber, bei offenen Visier, versteht er diese Botschaften nicht mehr. Doch wenn er schläft, dann, dann wetzt sich die Sichel des Mondes von selbst. Aber in den Bergen ist ja immer Vollmond. Nicht wahr?

(lacht leicht wahnsinnig, zwischen Spiel und Ernst)

ER: Während er eingeschlafen ist, durchwacht sie die Nacht mit weit geöffneten Augen, die in der Dunkelheit den Phosphor der Angst von sich geben. Sie weiß, das ist ihr letztes Licht.

SIE: (trotzig frech, will sein Spiel entlarven)Und wie bengalisches Feuer entflammt sich die Dramatik. (Er geht drohend auf sie zu) Sie haben schon eine sehr ungebremste Art sich auszudrücken.

ER: (gekränkt) Sie verstehen doch gar nichts. Rein gar nichts. Ihre kleinbürgerliche Phantasie reicht gerade mal um über den Zaun in die schmutzigen Phantasien des Nachbarns zu glotzen, mehr nicht. Für sie ist die prickelnde Gefahr nur mir der Sicherheit des weißbelichteten Logos zu verkraften. Wissen Sie was? Sie sind zu verkrampft.

SIE: Und Sie haben keinen Humor.

ER: Nachts auf der Hütte – ohne Strom – so wie hier – ja, so wie hier – so still. Aber sie, sie kämpft gegen Ihre Müdigkeit und der Angst, dass das Tier in ihm erwacht und die bösen Dämonen erscheinen. Sie weiss, jetzt muss sie handeln, handeln um ihr Leben zu retten. Spät, in tiefster Nacht – sie ist um Jahre gealtert – nähert sie sich dem Manne und legt ihre Hand an seinen Hals...

(ER demonstriert es indem er ihr an die Gurgel geht. Sie reisst sich los)-

SIE: (brüllt das es in dem nächtlichen Abendhimmel nachhallt) Hören Sie auf! Hören Sie auf! Sie sind doch krank.

ER: Hey, das ist doch nur ein Film.

SIE: Ich will hier weg. (In einigem Abstand schaut SIE schweigend in den roten Himmel)

ER: (Wieder an seinem Kamin, spricht ER zu sich selbst) Machen Sie das nicht. Es ist schon zu dunkel Es ist zu gefährlich. Ich bitte Sie – Mama, nein, Mama, nein, gehe nicht - ich habe so eine Angst – Ich werde auch brav sein – Oh mein Gott, was habe ich nur getan...

(ER geht wieder zu dem Ofen)

ER: Bleiben Sie – Es ist doch nur ein Film. (SIE bleibt ungerührt)

 

PAUSE

ER: (wieder zu sich) Wenn die Wolken schwanger Regen tragen, der Wind das Kind um Jahre altert, dann, dann schleicht sich die Maus, aus dem Haus...Ich weiss, ich darf das nicht, hat nicht der .. ist aufgewacht...xy..ungelöst...Das Masser...gemordet hinterm Duschvorhang. Das Blut und das Blut auf dem weissen Marmor. Ein Rinnsal des Restlebens......

 

PAUSE

(Sie dreht sich langsam um und geht wie in Zeitlupe auf ihn zu. Das verwirrt ihn)

 

SIE: Hat sie ihn umgebracht?

ER: Nein. (Da sie verwirrt schaut, erklärt er) Gefesselt.

SIE: Gefesselt?

ER: Als er schlief.

SIE: (euphorisch) Gut, sehr gut. (Räumt ihren Rucksack zusammen) Sehr gut. Das ist gut. Das ist Hypergut. (SIE will in die Hütte, doch da steht ER)

ER: Aber er hat sich befreit. (Pause) Mit einem Messer. Mit seinem Messer.

SIE: (SIE lässt sich resigniert auf der Bank nieder) Er hat sie...?

ER: Ich weiß es nicht.

SIE: (empört) Sie wissen es nicht?

ER: Die Dämonen haben beholfen wegzuschauen.

SIE: Die Dämonen? Was für ein Spiel spielen Sie eigentlich mit mir?(Da er nicht reagiert) Die Dämonen?

ER: Ja, die Guten.

SIE: Die guten..?.

ER: Ja, wer denn sonst, wollen sie mich betrügen...jetzt spielen sie mit mir.

(ER will die Hütte schliessen. SIE aber hält die Türe fest)

SIE: Nein, nein. Warum? Warum die Guten. D.h., warum haben sie befohlen wegzuschauen? Warum? Nein ehrlich, es interessiert mich.

ER: Gut. Dann kommen Sie rein und setzen Sie sich. Ich habe Ihnen Tee gekocht.

(Sie betritt die Hütte-schaut sich unsicher um)

SIE: Tee? Ich glaube es nicht. (Nimmt die Tasse, setzt sich an den Tisch, trinkt) Das tut gut.

 

PAUSE

SIE: Gibt es auch böse?

ER: Ja. Sie zwingen ihn hinzuschauen.

SIE: Wo?

ER: Ja,unten, im Tal. Im Fernsehen.

SIE: Ach ja?

ER: Sie glauben mir nicht!

SIE: (für sich) Mehr als mir lieb ist.

(ER schenkt ihr Tee nach, den SIE sichtlich geniesst)

SIE: Und die Dämonen, die guten...Herrgott die guten, ja natürlich, haben Ihm verboten hinzuschauen. D.h. Sie wissen gar nicht wie unsere Geschichte zu Ende ging? Alles ist also offen. (erfreut und gelöst)

ER: Unsere? Was reden Sie? Ich erzähle Ihnen doch nur eine Geschichte aus einem Film. Von einem Mann, der als Kind von seiner Mutter vor den Fernseher alleine gelassen wurde, wenn sie nachts unterwegs war, in Bars, bei Männern. Er hat die ganze Palette von Horrorfilmen gesehen, sehen müssen.

SIE: Das muss für die junge Seele ja furchtbar gewesen sein.

ER: Das kann man sich gut vorstellen. Wie unverantwortlich.

SIE: Ich habe keinen Fernseher.

ER: Ich auch nicht. Nicht mehr. Seit meine Tochter auf der Welt ist, nicht mehr.

SIE: Sie haben eine Tochter?

ER: Ja, sie ist in der Gruppe, die Sie vorhin gesehen haben.

SIE: Dann ist die Mutter bei ihr?

ER: Ich habe sie nicht in der Bilderflut ertrinken lassen. ICH NICHT!

SIE: Das war nicht so gemeint.

PAUSE

Sie ist zumindest in Sicherheit.

PAUSE

Dann ist die Geschichte ja noch ganz offen.

ER: Bitte?

SIE: Die Geschichte, die Geschichte aus dem Film.

ER: Was ist damit?

SIE: Die guten Dämonen. Die Geschichte, d.h. es geht doch gut aus?

ER: Wie mans nimmt.

SIE: Wie meinen Sie das?

ER: Naja....

SIE: Nun reden Sie schon.

ER: Tja...also...ähm...Nicht ganz.

SIE: Nicht ganz? Dann waren die bösen Dämonen stärker?

ER: (heftig) Nein, nein...Sie hören mir nicht zu. Sie spielen doch nur mit mir. Sie wollen mich da in etwas hineinbringen...

SIE: Aber gar nicht.. Ich dachte die, die guten haben Sie gehindert hinzuschauen.

ER:(noch heftiger) Mich hindert Niemand. Ich bin ein freier Mensch. Ich entscheide, was da reinkommt (zeigt auf seinen Kopf). Ich entscheide das... Nicht Sie! Nicht die Welt! Nicht meine Mutter... (brüllt)Niemand...!

SIE: Ja, Ja, sicher, sicherlich. Sie entscheiden ganz selbstständig. Verzeihen Sie. Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.

ER: Sie sind nicht meine Mutter. Lassen Sie meine Mutter aus dem Spiel. Sie hat nichts damit zu tun. Meine Mutter war immer ehrenhafte Frau.

SIE: Ja, ja, ich habe nichts anderes erwartet. Ihre Mutter war eine grossartige Frau.

ER: (plötzlich ernst) Woher wissen Sie das?

SIE: Hören Sie! (Nimmt die Ernsthaftigkeit auf) Ich kenne ihre Mutter nicht. Ich kenne nicht einmal Sie. Ich bin Ihnen heute das erste Mal begegnet. Ich habe mich verlaufen. Ich dachte, Sie könnten mir in meiner Not helfen. Erinnern Sie sich? Heute Morgen. Sie sind mit ihrer Gruppe losgegangen. Ihre Tochter war auch dabei. Und dann kam dieses Gewitter. - Ach, das ist mir so was vom egal.

Er: Wie meinen Sie das?

SIE: So wie ich sage. Der Film, ich wollte doch nur wissen, wie die Geschichte ausging... Sie wissen schon, die Geschichte, die Sie eben erzählt haben.

ER: „übern Berg“?

SIE: Ja, übern Berg. Alles ist doch offen. Die meisten Geschichten gehen ja gut aus. Nicht? Und Sie hatten weg geschaut. Sie wissen nicht wie es weiter ging. Verstehen Sie? Sie können nach vorne schauen. Sie sind von der Geschichte befreit. Sie wissen ja gar nicht wie sie zu Ende ging, ...zu Ende ging.

ER: Er konnte sich die Ohren nicht zuhalten. Er hörte nur die Schreie, verzweifelte Schreie. Er war ganz unvorbereitet. Er hatte keinerlei Übung. Er war ja noch so jung. Erst mit der Zeit gewöhnt man an sich die Grausamkeiten. Man weiß ja nicht, dass das nur Schauspieler sind. Er hat das alles für echt genommen. Noch heute weiß er nicht, ob die Menschen spielen oder nicht. Seine Mutter hat es ihm nicht erklärt, sie hat mich immer mit Allem allein gelassen.

SIE: Ihre Mutter hat Sie immer vor dem Fernseher allein gelassen. Das ist ja furchtbar. Das war aber eine Scheinwelt, diese Welt, diese Berge, der echte Hunger und Durst, das echte Leiden ist wahr. Gehen wir nicht deshalb in die Berge in die Natur, um uns zu spüren.

ER: Um unsere Einsamkeit zu spüren.

SIE: Ja, den inneren Einklang mit der Welt..

ER: Damals nicht, da herrschte das Misstrauen, nächtelang saß er da, konnte die Augenlider nicht mehr schliessen. Seine Mutter wollte ihn nicht. Ich hatte kein Recht auf Leben. Auch sie hatte kein Recht.

SIE: Was war mit Ihrem Vater?

ER: (plötzlich klar) Was wollen Sie eigentlich von mir? Was belästigen Sie mich?

SIE: Ich meine, als Kleinkind allein vorm Fernseher, dann waren Sie ja völlig machtlos?

ER: Ich? Was reden Sie immer über mich?

SIE: Entschuldigen Sie, ich dachte nur...

ER: Ich erzähle hier nur eine spannende Geschichte. Von Geistern und Dämonen.

SIE: Was anderes habe ich erwartet. Ich mag spannende Geschichten.

ER: Man muss sich mit seinen Dämonen anfreunden. Mit ihnen sprechen. Sie mit Geschenken besänftigen. Sie im Auge behalten. Ins Licht locken. Freundlich sein. Ein Gespräch führen...

PAUSE

Ich will darüber nicht mehr reden. Es geht Sie nichts an.(Geht zu dem Ofen)

SIE: Sie haben recht. (steht auf geht zum Fenster) Es ist sehr schön hier. Der Himmel ist offen. Keine Wolke. Alles Schlimme ist unten geblieben. Unser Denken ist wie ein Geschwür, hier können wir frei atmen, uns erholen. Hier folgt uns kein Gedanke. Hier werden wir nicht immer fort getragen, wo wir nicht hingehören.. (aus dem Fenster schauend- Plötzlich) Da! Da kommen die Anderen.

ER: (ohne aufzuschauen) Das sind Bergziegen.

SIE: In Reih und Glied? Und mit roter Mütze?

ER: In Reih und Glied! (lacht höhnisch) Und mit roter Mütze. Das ist die Mähne. Außerdem gibt es dort oben keinen Weg.

SIE: Sie haben recht. Sie sind von dem Weg abgekommen, wir müssen sie zu uns rufen. Sie können uns nicht sehen. Sie sind in Gefahr. Wir müssen Sie retten....

(SIE rennt raus – man hört SIE brüllen. Langsam wird es dunkler und dunkler. Sie schreit bis sie heiser ist. Er nimmt ein großes Messer, prüft die Schärfe)

ER: Weiber! Du entkommst mir nicht. (Er kocht. Lange Pause. Das Feuer knistert vor sich. Die Sonne langsam untergegangen ist. Sie kommt erschöpft und resigniert in die Hütte)

SIE: (vorsichtig) Hat sie ihn getötet?

ER: Wen?

SIE: In dem Film.

ER: Nein, er ist erwacht.

SIE: Oh ,wie schrecklich. (SIE steht an der Tür) Mein Gott, er hat sie getötet?

ER: (ER dreht sich zu ihr, schaut sie lange an) Nein.

SIE: (erleichtert) Was, was ist dann passiert?

ER: Sie hat mit ihm geredet. Glaube ich... Stellen Sie bitte das Geschirr dorthin.

SIE: Worüber?... Hey, sie haben gekocht. (totaler Stimmungswechsel) Großartig., ich habe einen Riesenhunger.

(SIE geht in die Hütte und deckt den Tisch. SIE hat wirklich Hunger. Sie essen. Die Stimmung ist anfangs endlich entspannt, doch langsam entsteht wieder diese Spannung) Ich habe garnicht gemerkt, dass ich so hungrig bin. In der Natur wird man schnell hungrig.

ER: Ja, Sie haben sich auch die letzte Kraft aus der Seele geschrien.

SIE: Heißt es nicht Leib. Aus dem Leib geschrien..

ER: Hier nicht. Hier nicht mehr. Hier schreit die Seele.

SIE: (ganz aufgetaut) Sie haben eine sonderbare Art sich auszudrücken.

ER: Ja, das habe ich. Ich habe es gelernt. Gelernt, die schlechte Sprache zu verstehen. Mich anzupassen, aber meine eigene Sprache zu bewahren. Die Bilder zu lieben, zu retten. Die Grausamkeiten als Metaphern zu verstehen. Komplizierte Allegorien entschlüsseln und dabei sich selbst, an seinem eigenen Herz zu bleiben. Ja, das habe ich gelernt. Die meisten Menschen benutzen die Sprache doch nur als Tennisschläger.

SIE: (entspannt) Ja, hin und her, das ist nicht schwer.

ER: Nein, sie betreiben damit Turniere. Sie wollen ja gar nicht, das der Andere, der Gegner, den Ball parieren kann. Ihre Kunst besteht darin, den Ball so hinterhältig zu servieren, das der andere sprachlos ist. Und wenn er stottert, strauchelt, verzweifelt nach Bildern greift und zu Boden stürzt, dann, dann lachen die Anderen und klatschen. Ergötzen sich am Untergang des Schwächeren, des Komplizierteren. Die Feinsinnigen werden gehasst. Der sogenannte Sportsfreund freut sich über das Verlieren der Anderen. Nicht über das Gewinnen. Nein, sie identifizieren sich mit dem Sieger, weil sie selbst schwach sind. Ja, es gibt viele Tennisopfer auf der Strasse.

SIE: Dann haben Sie auch Niemanden.

 

PAUSE

 

ER: Doch, meine Tochter.

SIE: Ihre Tochter? Ach ja.

ER: Ja, sie war doch mit in der Gruppe. Die Blonde mit der roten Mütze

SIE: Ja, die Blonde.

ER: Sie ist alles, was ich habe. Sie ist ein Teil von mir. Wenn ich wirklich etwas richtig gemacht habe in meinem Leben, dann sie. Sie lebt bei der Mutter. Bei mir zuhause darf sie mich nicht besuchen. Bei Ausflügen darf ich sie sehen. Beim organisierten Wandern. Wie hier. Weil, meine Mutter....(Pause)

SIE: Was war mit Ihrer Mutter?

ER: Nichts.

SIE: Sie können mir trauen. Ich bin keine Mutter. Ehrlich.

ER: Das sagt ihr alle.

SIE: Ich schwöre, ich schwöre beim Geschmack dieser phantastischen Speise. (Lächelt. Essen)

ER: Gut. Warum nicht? Meine Mutter, d.h. die Mutter meiner Mutter, meine Oma, die war im Krieg. In Preussen. Mütter sind immer im Krieg. Irgendwie.

SIE: Nicht immer. Manchmal auch die Väter.

ER: Die werden doch als Schlachtvieh von den Frauen geschickt. Siedlungsräume erschliessen. Gold und Rohstoffe rauben.

(ER schaut sehr ernst)

SIE: Mein Grossvater war auch in Preussen. Er hat Deutschland vom Faschismus befreit.

ER: Meine Oma war keine Faschistin. Aber Opfer. Opfer bis heute, bis hier. (Zeigt auf die Stirn) Verstehen Sie! In Preußen! Als Frau. Als junge Frau. Als die Russen kamen.

 

PAUSE

 

SIE: Eine furchtbare Zeit. Damals. - Das schmeckt ja richtig gut. Aus fast nichts gemacht. – Wie im Krieg.

ER: Die Reste haben die Vorgänger da gelassen. Das passiert. Die guten Dinge kommen immer noch von nichts. Armut macht erfinderisch. - Apropos Krieg, Schaun Sie mal, was die Anderen uns auch hinterlassen haben: Vodka...(Er zieht eine Flasche hinter dem Ofen hervor)

SIE: Vodka, das ist ja prima.

ER: Wollen Sie?

SIE: Aber gerne.(Trinkt schnell mehrere Gläser aus.(Im Folgenden essen und trinken beide. Zwischen den Happen sprechen sie und werden immer betrunkener. Dieser Chor mit 2 parallel unterschiedlich nicht aufeinander bezogenen Einzelstimmen treibt die Geschwindkeit des Essen und Sprechens voran, bis Beide erschöpft innehalten. Sie spricht klar und überlegt, er tendiert zum Nuscheln)

SIE: Mangel ist die Energie des Wachstums. Jede Pflanze strebt zum Himmel, weil ihr an Sonne mangelt. Sie wächst über sich hinaus. Am Boden, im Wald, da ahnt sie nur das Licht, aber Hoffnung fliesst in ihren Adern. Der Wille zu Überleben ist der reine Wille zum Leben. Das Unwissen ohne Ahnung ist blind, der Glaube, dass es da etwas gibt, ist der rote Faden entlang der Schöpfung. Ja, Schöpfung ist Mangel, Abstinenz. Jeder leere Raum füllt sich, jedes Tal liegt bereit – Gut ich habe keine Kinder – Aber auch ohne Kinder bin ich ein Teil der Schöpfung. Ich bin nie berufen worden.

ER: Jeder für sich. Der Stärkere gewinnt. Man muss schon genau aufpassen, sonst verpasst man den Urknall. Sonst bleibt man ausserhalb, als schwarzes Loch und irrt Seele fressend durch die Keller der Nachbarn, wo es nach alten Kartoffeln und gärenden Äpfel riecht und man schon vom Geruch betäubt versehentlich ins Treppenhaus landet und zum Räuber wird oder zum Präsidenten. Ich kenne den Weg. Ich kenne auch den Dachboden, das kleine Freudenzimmer schmutziger Alphatiere. Früher hat mich die Gesellschaft ausgespuckt. Erst heute erkennt sie, dass es nicht grüner Rotz, sondern ein Goldzahn war. Aber mein Weg durch die Kanalisation hat sich dennoch gelohnt. Es ist das Meer, welches mir nun offen steht. Frei wie ein Apfel im Wind.

SIE: (hier antwort er auf sie) Oh.Mann. Das schmeckt super.

ER: Ja, ich hätte Koch werden sollen.

PAUSE

 

SIE: (Betrunken)Ich habe Karriere gemacht. Wer will mir das vorwerfen. Ich leiste auch meine Arbeit an der Gesellschaft. Ich bin Humanistin und bin rational, ich glaube an das Gute und das wir dazu bestimmt sind, das Gute zu fördern, sich immer auf den Prüfstand stellen und sich fragen, bin ich mir meiner würdig. Gott hat uns Alles gegeben. Auch unseren Körper. Rein rechtlich betrachtet, - ich Strafrichterin – wenn das Jemanden hier interessiert – vom rechtlichen Standpunkt aus betrachtet sind wir nur die temporären Besitzer unserer Körper, Gott oder wer weiss was, die Natur – die Energie ist der Eigentümer. Wie eine Wohnung ist mein Körper, ich beziehe ihn, mach es mir behaglich, pflege ihn, muss gelegentlich einige Reparaturen vornehmen und wenn ich einmal ausziehe, dass alles bester Ordnung ist. Frisch gestrichen und Besen rein verlasse ich diese glückliche Heimstatt.

ER: (antwortet wieder auf ihren letzten Satz) Heimstatt? Was für ein blödes Wort. Meint es etwa Heim statt Natur.

SIE: Nein, es ist das Heim, die Stätte, die Gaststätte, die man so verlässt, dass die nächsten Generationen nicht aufräumen müssen.

ER: Da können Sie gleich morgen früh damit anfangen. Wir müssen die Hütte nämlich wieder sauber machen, das sagt das Gesetz.

SIE: Welches Gesetz.

ER: Das Nothüttenreinigungsgesetz.

(Sie fangt an zu lachen)

ER: Was ist daran komisch?

SIE: Sie drücken sich immer sehr präzise aus!

ER: Ja, wie eine Wasserwaage auf dem Schiff. Auf offener, wilder See. Aber immer im Lot. Immer das Auge gerichtet auf den Grund. Dahinter das Zentrum liegt.

SIE: Der Mittelpunkt der Erde. Hier (zeigt auf ihren Bauch), wo er sich nun mit dem flüssigen Magma dieser Götterspeise füllt.

ER: Der Mittelpunkt, da... Das verstehe ich sehr gut. Ich vertraue Ihnen mal etwas an. Früher hatte ich immer schnell Angst. Ich hatte Angstzustände. Platzangst, Hasenangst. Wenn ich die Anfälle hatte, dachte ich falle in ein endloses Loch, dass sich vor mir auftut. Dass hat mir solche Angst gemacht. Angst, furchtbare Angst. Wem hätte ich das erzählen sollen?

SIE: Ihrer Angst.

ER: Meiner Angst?

SIE: Sehen Sie, Sie haben es selbst gesagt, wenn Sie Angst haben in ein Loch zu fallen, dann ist es nur die Angst davor. Weil – wissen Sie, das sagt schon die Physik – wenn Sie in das Erdloch springen, dass sich gerade vor Ihnen aufgetan hat, dann fallen Sie erst einmal, aber irgendwann kommen Sie an einen Punkt, wo sie nicht mehr fallen.

ER: Richtig. Am Mittelpunkt. Am Erdkern. Das ist gut...! Das ist sehr gut. Und wenn Sie überstürzt gesprungen sind und zu Sie viel Fahrt drauf haben, zuviel Energie, also mental undso, dann kommen Sie irgendwann wutsch hinten wieder raus. Auf der anderen Seite. Schöne Vorstellung...sehr gut.

SIE: Ja, dann fliegen Sie wieder raus. Die Mutter ERDE hält sie in ihren schützenden Händen.

ER:(plötzlich wütend) Hören Sie doch bloss auf mit ihrer Mutter Erde. Die Mutter hält sie fest, mit der klebrigen Schwerkraft die sich Mutterliebe schimpft. Einmal in ihren Fängen, lässt sie Sie nie wieder los. Sie pendeln auf ewige Zeit zwischen den Polen innen hin und her. Ewiglich. Die Doppeldeutigkeit. Die Hölle auf Erden. Und das soll schön sein? Sie können nie mehr die Sonne sehen, nie mehr, es ist immer dunkel und einem ist immer schwindelig vom ewigen unbestimmten Auf und Ab. Nichts ist sicher. Nichts ist wie es ist. Latente Differenz. Nichts wächst da mehr, nix strebt da mehr in den Himmel, alles nur noch auf sich selbst gerichtet, alles verdörrt, in der Mutterliebe erstickt, kommt es zum Stillstand, weil die Energie zu Ende geht. (triumphiert und setzt noch nach). Das haben Sie von ihrem blöden Versuch mir zu helfen. (lacht bös)

SIE: (ganz ruhig): Es gibt Pflanzen, die blühen unter der Erde (Er schaut sie verdutzt an)

ER: PAH, blüht unter der Erde. So ein Quatsch.

SIE: Der Schuppenwurz.

ER: Der was?

SIE: Lathraea squamaria, der Schuppenwurz, er blüht gelegentlich unter der Erde.

ER: Ach, was wissen Sie denn schon.

(Will sie beleidigen, sie reisst sich zusammen)

SIE: (Streicht lasziv über ihre Schenkel) Im feuchten Gras sich der Same birgt.

(Sie schaut ihn ernst an)

ER: (Versteht die Anmache nicht) Harry hatte auch eine Tochter. Sie ist gestorben, bei einem Unfall.

SIE: Harry?

ER: Der Mann aus dem Film. Er hatte sie verloren und fühlte dann war er sich so einsam. Dann ging er in die Berge. Deswegen hat er sich auf diese gemeine, hinterlistige, verlogene Frau eingelassen. Ja, schauen Sie nur. Sie war gemein. Sie spielte ihm auch nur Interesse vor.

SIE: Was hätte Sie tun sollen?

ER: Ehrlich sein.

SIE: Damit er sie umbringt.

ER: Besser als in der Unwahrheit leben.

SIE: Manchmal muss man lügen. Lügen um sich und Anderen zu helfen und man muss auch Verzeihen.

ER: Ach, was wissen Sie denn schon.

SIE: Wer nicht verzeiht, kann auch nicht Lieben.

ER: Pah!

SIE: Liebe und Verzeihen sind untrennbar miteinander verbunden.

ER: Nein. es gibt eine Schuld, die ist nicht zu verzeihen. Die Erbschuld!

SIE: Jede Mutter verzeiht aus Liebe.

ER: Woher wollen Sie das wissen? Sie haben doch keine Kinder? Sie sind doch nur Richterin.

SIE: Ja, Richterin. Ich bringe Leute hinter Gitter.

ER: Sind sie also nicht verheiratet?

SIE: Nein.

(Sie lacht)

ER: Verheiratet sein ist nicht komisch.

SIE: Ich verurteile Mörder, Sexualstraftäter und keine Gigolos

ER: Haben Sie keine Sehnsucht? Nach Zärtlichkeit, Nähe, eine starke Schulter an der Sie sich ausruhen können (Greift ihr an den Busen. Sie reagiert nicht)

SIE: (Gefühllos)Nein. Ich habe die Freiheit vorgezogen.

ER: (Wendet sich ab)Dann sind Sie?... andersherum!

SIE: Nein, einfach kein Interesse. Ich glaube an das Grössere. Ich brauche kein Senkblei.

ER: Kinder sind das Grösste. Das absolut Grösste. (Am Ofen)

SIE: Sie sind gut für kleine Geister. Kleingeister, zwanghafte, lebensängstliche Reihenhaustyrannen.

Er: Sie wissen doch nichts, nichts, nichts!

SIE: Doch!

(ER schaut sie zornig an.)

SIE: Jeder Mensch der liebt verzeiht auch. Das ist die Gnade...

ER: (lacht hämisch) Gnade! Ach hören Sie doch mit der Gnade auf! Der Mensch liebt den Anderen um ihn zu unterdrücken. Jede Mutter erstickt ihre Kinder mit ihrer ach so selbstlosen Liebe. Zwanghaft. Klebrig. Seht her, ich Mutter Maria, wie ich leide, leide nur für euch. Seid mir dankbar!

SIE: Keine Mutter zwingt seine Kinder zur Liebe. Das ist ein Naturgesetz. Die Liebe ist immer da, aus freien Stücken. So wie eine Frau frei ein Kind empfängt.

ER: Das war in Preussen anders, damals.

SIE: Im Krieg.

ER: Als die brutalen Russen wie die Vandalen über die Frauen herfielen.

SIE: Nicht jede Russe ist so,

ER: Doch, die sind alle gleich.(Reisst ihr die Bluse auf und starrt an ihre Brust)

SIE: Ich bin auch Russin. Bruder!

(ER schaut SIE fragend an)

SIE: Ja, mein Vater war Russe. Er war ein feiner Mensch. Ihr Vorurteil, dass Russen nur vergewaltigen, haben Sie aus dem Fernsehen.

ER: (brüllt und weint dann) Nein, nein, nein! Ich, ich bin doch selbst ein halber Russe. Verstehen Sie doch endlich! Mir hat der Russe doch auch ins Blut gespuckt.

SIE: Das tut mir leid.

ER: Was reden Sie. Sie wissen doch gar nicht was Blutschande ist. Schande am Blut.

(Sie schweigt, ihm geht die Luft aus)

ER: Möchten Sie noch etwas?

SIE: Nein.

ER: (ER räumt das Geschirr weg) Es ist dunkel geworden. Die Anderen werden auf der Nachbarhütte sein.

SIE: Auf der Nachbarhütte?

ER: Ja. Die Berghütten sind nie allein. Es gibt ein geschlossenes Netz von Berghütten und Schnee- und Nothütten. Die meisten werden betrieben von den Hüttenwirten. Da müssen sie nicht selber kochen. Wenn sie genau schauen, werden die das Licht sehen. Drüben am hinteren Sattel. (SIE geht zum Fenster)

SIE: Sie haben recht! Da ist Licht. (wütend) Warum haben Sie mir das früher nicht gesagt?

ER: (unschuldig) Ich habe es vergessen.

SIE: Sie haben es vergessen?

ER: Ja!

SIE: Das glaube ich nicht.

ER: Sie streiten wieder.

SIE: Ich streite wieder? Ich werde Ihnen mal was sagen. Ich glaube ihnen kein Wort mehr. Das mit Ihrer Mutter oder Ihrer Oma und überhaupt das mit Ihrer Tochter war doch auch gelogen. Ich bin nicht die Wichsvorlage für ihre kaputte Phantasie.

ER: Ich warne sie! Nehmen sie mir nicht meine Tochter. (ER geht mit dem Messer auf SIE los)

SIE: Okay, okay, die Tochter lasse ich Ihnen. (kurze Pause) Sie haben das alles geplant.

ER: Nein.

SIE: Sie lügen.

ER: Ich lüge nicht! (ER geht zum Rucksack sucht das Bild) Verdammt, wo ist es?

SIE: Was?

ER: Das Bild meiner Tochter.

SIE: Herrgott, ich glaube Ihnen ja. Ich glaube ihnen.

ER: Ich habe es verloren. Ich bin verloren. Es gibt keine Rettung mehr.

SIE: Nun beruhigen Sie sich. Wir werden morgen früh gleich danach suchen.

(ER packt seine Sachen)

SIE: Was haben Sie?

ER: Ich gehe rüber in die andere Hütte.

SIE: Das können Sie nicht machen. Sie können mich hier nicht allein lassen.

ER: Dann kommen Sie mit. (ER geht raus und verschwindet links hinter der Hütte)

SIE: Er ist verrückt. (SIE stürzt hinterher- Sie bleibt rechts stehen-horcht - Nichts- sie ruft in Richtung talwärts – Es hallt)

SIE: Hallo, hallo, ich glaube Ihnen ja, kommen Sie zurück. Ich bitte Sie. Kommen Sie.

(Da nichts passiert, versucht SIE sich langsam ins Dunkel, stürzt aber gleich. SIE kriecht mühselig zurück auf die Bühne. ER kommt hinter der Hütte vor und macht sich gerade den Hosenschlitz zu, sieht wie SIE am Boden liegt)

ER: Was machen Sie denn da?

SIE: (lacht) Sie retten.

ER: Da unten.

SIE: Das Sie keine Fehler machen.

ER: Jetzt tun Sie nicht so, als hätten Sie Angst um mich.

SIE: Nein, Angst um mich, ich bin nachtblind. Ich würde stürzen. Bitte bleiben Sie.

ER: Ich muss

(Will wieder gehen)

SIE: Bitte, bleiben Sie.

(ER verharrt)

SIE: Bitte!

PAUSE

 

SIE: Ihrer Tochter wird nichts passiert sein. Sie macht einen vernünftigen Eindruck.

ER: Woher wissen Sie das?

SIE: Ich, ich nehme es an. Sie haben davon erzählt. Oder ...?

ER: Was ist los mit Ihnen. Machen Sie mir etwas vor. Haben Sie etwa einen Plan. Ja, Sie wollen sich rächen. Sie wollen sich rächen.

SIE: (steht auf zu sich) Nein, nein ich glaube ich werde verrückt.

ER: Sie wollen Rache nehmen...

SIE: (Geht ins Dunkle) Hilfe, ich kann nichts mehr sehen. Ich kann nichts mehr sehen.

ER: Es ist nacht. Sie müssen ruhig atmen. Ganz ruhig atmen. Dann gehen die Dämonen weg. Sprechen Sie? Sie müssen sprechen.

SIE: (Aus dem Dunkel) Setzen Sie mich nicht unter Druck.

ER: Ja, Sie haben Recht.

(SIE setzt sich auf die Bank. ER schaut in die Sterne)

ER: Und? Sprechen Sie!

SIE: Ich? (Kommt aus dem Dunkel zurück)

ER: Ja, Sie. Oder ist hier noch Jemand?

SIE: Was wollen Sie wissen?

ER: Sie sind, sind Russin?

SIE: Halb und halb.

ER: Und?!

SIE: Mein Großvater war Russe. Er musste Mütterchen Russland verlassen, denn er war Jude. Und die hatten es schwer in Russland nach dem Krieg. Obwohl er ehrenhaft gedient hatte. In der Armee. An der Front. In der vordersten Reihe. Er hat Deutschland von den Nazis befreit. Aber in Deutschland, Ostdeutschland, wo er hinging, hat es ihm auch keiner gedankt. Die Russen werden nicht gemocht .

ER: Die sind auch nicht sonderlich zimperlich mit den besetzten Zonen umgegangen. Ich weiss das, ich bin auch im Osten aufgewachsen.

SIE: Ich nicht, er ging über die Mauer. In den Westen. Das war sein Glück. Und meins.

ER: Das doppelte Opfer. Wir!

(ER geht in die Hütte)

SIE: Wie meinen Sie das?

(ER legt sich auf die Bank - SIE kommt dazu - SIE sieht das nur noch auf dem Boden Platz ist – SIE legt sich Decken bereit)

SIE: Sie müssen nicht glauben, nur weil ihr Grossvater ein, wie soll ich sagen? Ein, naja. Wissen Sie, ich bin auch ohne Vater aufgewachsen. Gut, ich kannte ihn, das ist vielleicht der Unterschied. Ich habe ein Bild von ihm. Aber Vaterlos. Vaterlandslos? Eine Welt ohne Väter. Ich kenne diese Zerrissenheit. Und die Schluchten die sich auftun, wenn man nachts allein im Bett schläft und kein Vater hat, der einen beschützt. Auch ich habe mit den Dämonen kämpfen müssen. Wissen Sie, so kam ich zu Gott.

(ER lacht)

SIE: Ja lachen sie. Es ist schwerer das Leben zu bejahen, als an allem den Makel zu finden. Es war Krieg. Im Krieg ist jeder Schuld.

(ER lacht)

SIE: Aber man doch auch verzeihen. Wenn es auch noch so schlimm ist. Und die Kinder und die Kindeskinder können doch nicht...

ER: Hören Sie auf!

SIE: Ich meine, die Schuld ist doch nicht genetisch. Der Herr hat die Sünden von uns genommen. Und wir haben das Leben nur geliehen bekommen und müssen es heil zurückgegeben. Heil, nicht unbenutzt. Er führt uns.... Herrje, ich Rede Unsinn.

ER: (trocken) Ja! Das tun Sie.

(ER will das Licht ausmachen)

SIE: Nein, bitte nicht! Lassen Sie es an! Es ist zu dunkel.

ER: Natürlich ist es dunkel. Wir sind in den Bergen. Hier gibt es nur das Licht, dass uns Gott schenkt. Gott schenkt.(lacht) Er schenkt uns alles. Nicht wahr? Auch das Böse. Und die Bilder. Nein, die Bilder schenkt uns der Teufel. Der Teufel will in uns...

SIE: Fängt das wieder an.

ER: Harry...

SIE: Hören Sie auf, verdammt. Kommen Sie endlich zur Ruhe!

ER: Ja, Sie haben Recht. Hier sind 2 Schlafplätze.

SIE: Ich schlafe draussen.

ER: Da wirds kalt. Da frieren Sie sich den himmlischen Arsch ab.

(Sie nimmt wütend die Decken und legt sich an den Bühnenrand. Horcht ggl. am Boden)

SIE: Ein Paranoid. Ich muss mich zusammen reisen. Dieses Arschloch. Wenn er recht hat. Lass dich nicht einschüchtern, meine Liebe. Du bist eine starke Frau. Am besten rede ich mit ihm. Ihn auf andere Gedanken bringen. Ganz ruhig, Scheherazade. Herrje, ich werde verrückt. Nein ich erfriere. Ich muss wach bleiben. Hier ist ein Stein. Damit kann ich nicht schwimmen. Herrgott, stehe mir bei. Jetzt rede ich auch schon so einen Unsinn. Wach bleiben. Den Faden in der Hand halten. Es ist Dunkel. Es ist still. Ich höre den Herzschlag der Erde. Bleib wach. Sammle Dich. Du bist. Verlasse Dich auf Deinen Atem. Er ist Dein treuer Freund. Er kommt immer wieder ist immer da, auch wenn Du verrückt wirst. So ist gut. Jetzt wirst Du ruhig.

 

(singt nach der Melodie von „La Paloma“)

Und der Wind kommt vom Tal

und treibt mich hinaus in die Höh

Weit geht der Blick nach vorn

schwer die Beine aus Blei

Frei bin ich hier nur allein

einsames Herz trage mich fort.

 

Den blau-weissen Himmel im Kopf

laue Luft um den Bauch und Stirn

Mutter Erde halt fest meinen Sinn

verschlingt in Liebe und....

 

(Er ist aufgestanden. Mit einem Messer in der Hand steht hinter ihr. Sie schreit auf.)

ER: Sie haben so schön gesungen.

SIE: Das war nicht für Sie. Das war für mich.

ER: Ach, Bitte singen Sie doch weiter.

SIE(wütend): Nur weil ich furze muss ich nicht gleich für Jeden scheissen....

ER: Tschuldigung.

SIE: Wollten Sie mich erstechen?

ER: Ähm. Ne, das ist kaputt. Ich habe meins irgendwo wohl verloren.

SIE: Sicherlich.

(Er geht in die Hütte. Später folgt sie ihm, da sie friert.)

PAUSE

 

SIE: Sie hatten recht, es ist zu kalt, ich lege mich dort hin.

ER: Aber die Kerze muss aus. Hier ist Alles aus Holz

SIE: Dann geben Sie mir das Feuerzeug.

(LANGE PAUSE – Nur der Vollmond leuchtet durchs Fenster – Der Wamsler knistert vor sich hin. ER in Decken eingerollt auf der Bank und schnarcht. Sie summt vor sich hin. Geht zum Fenster, öffnet es. Atmet tief sein. In ihrem Atmen ist. Unbehagen zu hören.)

 

ER: Sie drehen sich und merken das Sie im Schatten des Todes stehen. Sie lächeln. Ein letztes Glücksgefühl hält das Abendlicht und überredet es zu bleiben. So verharrten sie bis das Maul aus Himmel und Erde die letzte Hoffnung schluckte.

SIE: O verdammt. Was ist das?

ER: Ein Text aus „überm Berg“.

SIE: Nein, dieses Geräusch. Dieses merkwürdige Kratzen.

ER: Grollend traf das Auge des Selbstgerechten auf die in Angst gehüllte Unschuld. Denn es war Stille. Tiefe, tiefe Mitternacht.

SIE: Ich mag das nicht hören.

ER: Nur der lautlose Schlag des Schmetterlings gab ihnen in der schwärzesten Nacht ihres Lebens Halt. Denn es war Stille, stille, tiefe Mitternacht.

PAUSE

 

SIE: (zittert und rutscht unters Fenster und kauert sich) Diese Dämonen...? (SIE lässt das Feuerzeug aufblitzen)

ER: Hören Sie auf damit. Wir haben nur dieses Eine. Man hat nur ein Leben. Sparsam müssen wir mit der Flamme des Lebens umgehen.

PAUSE

(SIE zündet das Feuerzeug an und hält ihre Hand über die Flamme)

ER: Ist Ihnen kalt?

SIE: Sprechen wir nicht davon.

ER: Ja. Hören wir auf zu sprechen. Denn der Schock sitzt tief. Wir hören nichts mehr. Die Bilder erzählen die Geschichte. Alles im Halbdunkel. Zwielicht. Und die Musik. Ja, die Musik ist wie die Nadel des Junkies. Das Gift erreicht das Hirn sofort. Es macht Peng und der Zuhörer sitzt leblos im Sessel.

SIE: (zittert) Diese Dämonen...?

ER: Ja,diese Dämonen. Morpheus und Orpheus, Brüderchen und Schwesterchen....

SIE: Die befehlen Ihnen?

ER: Verliefen sich im Wald, da kam die böse Hexe...

SIE: (SIE wirft ihn etwas an den Kopf, ER schreit auf. ER steht auf. SIE macht die Fensterläden zu. Nun ist es absolut dunkel. Nur gelegentlich blitzt das Feuerzeug auf. Nur Ihre Bewegungen sind zu hören)

SIE: Ich habe Sie etwas gefragt !

ER: Wir sind nun ein halbes Leben hier zusammen. Duzen wir uns?

SIE: Den Dämonen die Hand reichen?

ER: (für sich) Nein Mama, gehe nicht, die Toten lauern hinterm Glas. Ich darf das nicht.

SIE: Was genau befehlen sie Ihnen?

ER: Zu töten. Nein, so kann man so nicht sagen. Fragen Sie nicht. Wissen ist böse Es sind die furchtbaren Bilder von Mord und Gewalt. Von Krieg...Nein...das darf man nicht. (stockt)

SIE: Was ist? Sprechen Sie!

ER: Ich bekomme sie manchmal nicht aus dem Kopf. Nachts wenn ich schlafe, dann kommen sie. Bei leichtem Schlaf. Wenn das Eis dünn ist und die Sonne der Rache dem Karpfen der Tat die Schuppen krault.

SIE: Ich kann Ihren Bildern nicht folgen.

ER: Ich oft auch nicht. Die kommen von ganz allein. Immer wieder fehlt mir der Rahmen sie zu fangen.

SIE: Dann schreiben Sie sie auf. Schreiben Sie sie auf. Stecken Sie den Finger in den Hals und kotzen Sie sich aus.

ER: (wütend) Das ist Gotteslästerung. Das darf ich nicht. Sie gehören nicht mir!

(Sie rangelnd. ER sitzt auf ihr und nimmt ihr das Feuerzeug. ER zündet eins an)

SIE: (beschwichtigend) Klar. Sie haben Recht. Vollkommen Recht. Wir konnte ich das vergessen. (Langsam nähert ER sich mit dem Feuerzeug ihrem Gesicht. SIE greift in Ihre Hose und zieht langsam das Messer. SIE will von hinten zustechen. Lässt es aber.)

ER: Vergessen Sie es.

(ER steht auf geht zum Fenster. Öffnet es. Durch den Mondschein wird es ein wenig heller. Sie versteckt das Messer.)

ER: Was ist?

SIE: Ich habe es vergessen.

ER: Was?

SIE: Nichts!

ER: Was wollen Sie eigentlich von mir?

SIE: Iiiich? Also gut. Ich möchte Ihnen...uns helfen. (SIE entzündet die Kerze)

ER: Okay

SIE: Sie leiden unter den Dämonen und ich unter der Angst vor...

ER: Ich leide nicht...

SIE: Doch verdammt noch einmal, doch. Jetzt reicht es mir. Ich sehe und höre doch. Sie sind ein Opfer. Ihre Grossmutter war ein Opfer. Ihre Mutter ist ohne Liebe aufgewachsen. Sie haben den Fernseher zu ihrem besten Freund gehabt. Gut, gut. Sie glauben jeder Russe ist ein Vergewaltiger. Und nun vermuten Sie, das mein Grossvater auch so einer war. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Ich habe Liebe erfahren, Sie nicht. Aber Sie machen es sich zu einfach. Springen sie über ihren Schatten. Und verzeihen Sie, verzeihen Sie vor allem sich selbst. Seien sie ihrer Tochter ein gütiger, ein liebender Vater. Durchtrennen Sie die Kordel des bösen Karmas.

ER: Ach. hören Sie auf mit Ihrer Psychonummer. Kriegsschuld ist Kriegsschuld.

SIE: Okay!

(SIE nimmt das Messer pustet die Kerze aus, nimmt das Feuerzeug, mit dem SIE Blitze schlägt. Geht im Folgendem wie ein Torero im Zimmer umher)

ER: Was haben Sie vor?

SIE: In einem gewissen Sinne bin ich...bzw., sind wir hier gefangen. Da ich aber nun aus freien Stücken unfrei bin, erlaube ich mir den Luxus die Läuse dich mich trietzen, gelegentlich auch selbst zu quälen.

ER: Läuse, was für Läuse?

SIE: Läuse. Ich versuche die richtigen Bilder zu finden.

ER: Läuse!

SIE: Läuse eben, Filzläuse.

ER: Halt! Wo sind sie? Ich finde Läuse widerlich. (ER sucht seinen Körper ab) Sie sind abstoßend. Sie nisten sich ein, sie ernähren sich von meinem Blut. (ER rennt wie ein Wahnsinniger brüllend raus, zieht seine Hose runter und sucht zwischen den Beinen) Schmarotzer. Verschwindet.

SIE: (lacht) Jedem das seine. Wozu sind wir Menschen, das wir uns das gefallen lassen. (SIE geht ihm hinterher – Stellt sich auf die Bank- triumphierend) Wir nähren unsere Welt mit unseren Lügen, damit wir nicht hinsehen müssen. Wir machen die Täuschungen zu unseren Komplizen. Unsere Selbstbilder, das sind die Filzläuse ...

ER: (schreit- Will auf sie zu, stürzt aber) Halt! Halt habe ich gesagt.

SIE: Die Schmelze hat sich den Weg gebahnt. Jetzt rede ich...

ER: Ruhe. Das ist meine Sprache. Oder ich brülle die Lawinen los(brüllt) Haaaaaaalt....

SIE: Machen Sie das. Jetzt rede ich, jetzt. Ich rede jetzt.

(ER zieht die Hose hoch und rennt wieder in die dunkle Hütte. SIE folgt ihm mit dem Messer)

ER: Sie sind überall. Hausstaubmilben. Minispießer. Minischmarotzer. (Er liegt röchelnd am Boden)

SIE: Haha. Fleisch was des Fleisches ist.

(SIE geht in die Hütte – schliesst Fenster und Tür)

ER: (ängstlich) Was wollen Sie?

SIE: Ich habe einen anderen Film eingelegt. Ich fürchte mich nicht mehr. Ich habe kleine Spione. Ja, die setzen sich fest und saugen den Feinden den Mut aus der Seele, und das Blut bringt böse Säfte, das sich einnistet...

ER: Aber sie meinen doch nicht mich?

SIE: Nein. Nein, aber nein...(Mit dem Messer auf ihn zu)

ER: (verängstigt) Doch sie meinen mich. Warum hätten sie es mir sonst erzählt. Sie wollen mich in ihr Netz ziehen. (wütend) Wie einen Fisch. Ich bin aber kein Fisch. Im Wasser würde ich ertrinken.

SIE: Sie haben Recht. Ich unterstelle. Aber bitte, bitte beruhigen sie sich, wir müssen schlafen. Bitte beruhigen Sie sich.(Löscht die Kerze)

ER: Ich kann nicht schlafen. Ich warte bis sich der Mehltau über meine Bilder legt.

SIE: Ganz ruhig. Sie fallen sanft wie eine Feder und ich bin das Meer

ER: (brummt) Du musst töten, sie ist böse....Ouh, nooo...

(Es sind unklare Geräusche von schnatzendem Fleisch zu hören.)

 

blackout

 

Dann sah ich den Himmel offen, und siehe, da war ein weißes Pferd, und der , der auf ihm saß, heißt: „Der Treue und Wahrhaftige“; gerecht richtet er und führt er Krieg. Seine Augen waren wie Feuerflammen, und auf dem Haupt trug er viele Diademe; und auf ihm stand ein Name, den er allein kennt. Bekleidet war er mit einem blutgetränkten Gewand; und sein Name heißt „Das Wort Gottes“. Die Heere des Himmels folgten ihm auf weißen Pferden; sie waren in reines, weißes Linnen gekleidet. Aus seinem Mund kam ein scharfes Schwert; mit ihm wird er die Völker schlagen. Und er herrscht über sie mit eisernem Szepter, und er tritt die Kelter des Weines, des rächenden Zornes Gottes, des Herrschers über die ganze Schöpfung. Auf seinem Gewand und auf seiner Hüfte trägt er den Namen: „König der Könige und Herr der Herren“. Dann sah ich einen Engel, der in der Sonne stand. Er rief mit lauter Stimme allen Vögeln zu, die hoch am Himmel flogen: Kommt her! Versammelt euch zum großen Mahle Gottes. Fresst Fleisch von Königen, von Heerführern und von Helden, Fleisch von Pferden und ihren Reitern, Fleisch von allen, von Freien und Sklaven, von Großen und Kleinen!

(Johannes Offenb. 19, 11-18)

 

 

(Es ist hell geworden. Ein herrliches Bergpanorama ist zu sehen. Sie sitzt auf der Bank. Sie ist sichtlich erschöpft. Er. liegt regungslos am Boden, Riemen um den ganzen Körper und Hals)

 

SIE: Manchmal stehe ich zwischen den Menschen so wie ein schweigender Engel, und könnte heulen. Zwischen tausend schwarzen Löchern umschwirrt sie dann mein Komet. Und dann die Angst, das er verglühen könnte und meine Leuchtkraft erlöschte. Doch jetzt kehrt Ruhe ein, denn die Liebe vermehrt sich im Lieben, das Licht in der Finsternis zum Licht. Denn das Göttliche ist weiblich, es hat mich mit genommen, denn es leuchtet mehr und mehr, zu füllen alle hungrigen Mäuler, die aus dem Denken kommen, und ins Schreiben gehen, tanzen und vergessen, verschwinden in ihrer inneren Heimat...jetzt rede ich sinnlos daher, einen Halt suchen, nicht treiben lassen, denn es ist schwer den Grund zu finden, wo man sich festhält um nicht zu Ertrinken, wenn die Gegenwart einem umschlingt

(Sie steht auf steht vor Tür)

SIE: Manchmal, ist nicht häufig, nein selten, oder nie, dann ist es das erste Mal, das man seine Hände schmutzig macht. Oh Gott, ich habe.

(SIE öffnet die Tür, geht in die Hütte. Sie nimmt das Foto seiner Tochter und legt es auf seine Brust. In dem Augenblick erwacht er. Sie weicht erschrocken zurück.)

ER: Was ist das? Was hast du gemacht. (Er ist gefesselt) So nicht, ich bring dich um du Schlampe. (brüllt) Mach mich los.

SIE: Erst wenn die Anderen kommen. Ich werde Tee kochen.

ER: Ich will keinen Tee. Mach los. Ich tue dir nichts.

SIE: Ich glaube dir nicht mehr. Deine Filme sind mir zu echt. Wir werden auf die Anderen warten.

ER: Mach mich los. Ich muss mal.

SIE: Nein. Nein, sage das du mich liebst.

ER: Ich mache in die Hose.

SIE: Wir warten auf die Anderen.

ER: Sei brav. Mach die Fesseln los. Du miese Hure, dein Mann hat dich verlassen, weil du keine Kinder bekommst. Nicht wahr? Auch dafür bist du nutzlos.

(SIE ohrfeigt ihn und rennt raus. ER lacht.)

ER: Die Achilles-Ferse der Frau: der Uterus.

(SIE weint. ER schafft es, sich los zu machen. Geht zum Fenster. ER merkt, das SIE zurückkommt, holt sich ein Messer, legt sich wieder, so als sei nichts passiert)

ER: Komm.Komm. Mach mich los.

SIE: Wo ist das Fernglas?

ER: Ich bring dich um...

SIE: Ach du rede nur, ich brauche das Fernglas. (SIE nimmt den Rucksack von ihm und schüttet diesen über ihn aus. ER zappelt, SIE merkt das ER sich befreit hat.)

ER: Keine Angst ich tue dir nichts. Schönes Kind.

(Sie tut so als wolle sie das Foto wieder auf die Brust von ihm legen, zieht aber in einem Ruck geschickt die Riemen zu, so dass ER wieder gefangen ist. Schnell werden auch die Füße gefesselt)

ER: Du dummgeficktes Eichhörnchen, das wirst du mir heimzahlen.

SIE: (SIE sucht wieder im Rucksack) Ach, da ist es ja. (SIE nimmt das Fernglas, lässt den Sack auf sein Gesicht fallen und geht raus.)

ER: Ich bring sie um. Das wirst du mir heimzahlen. Weiber, man sollten ihnen nicht trauen.

SIE: (SIE kommt aufgeregt rein) Da kommen Sie. Die Anderen, man kann sie genau sehen. (SIE rennt zum Fenster, schaut durchs Fernglas) Nein! Doch nicht! Es sind Ziegen. Oder doch. Ich sehe eine rote Mütze.

ER: Das ist Martha, das ist Martha. Mach mich los. Ich muss zu ihr. Mach mich los

SIE: Oh, Gott.

ER: Was ist?

SIE: (erschüttert) Nein, das darf nicht wahr sein!

ER: Was ist? Mach mich los.

SIE: Eine Lawine. Nein. Hilfe. Die Gruppe wird erfasst. Oh, mein Gott. Nein, bitte nicht! (Stille- ER schaut gebannt) Alles ist weiß. Unschuldig weiß. Ich kann nichts mehr sehen. Es ist alles weiß, oh mein Gott. (SIE rennt raus)

ER: Nein. Martha, Martha. (brüllt, wie wahnsinnig) Ich verzeihe euch, ihr bösen Götter, nehmt mir meine Bilder, nehmt mein Glück, mein Leben, aber nicht meine Tochter. Nicht meine Tochter. Sie ist unschuldig. Sie die Zukunft. Die Versöhnung, Wahrheit. Alles, jenseits allem... (SIE kommt zurück)

SIE: Man kann nichts mehr sehen. Oh, mein Gott.

 

PAUSE

 

SIE: Oh Gott, es tut mir so leid!

(SIE löst die Fesseln)

ER: Nein, oh nein. (ER weint) Das überlebe ich nicht!

SIE: Ich verzeihe Ihnen.

ER: Sie ist tot. Jetzt, jetzt bin ich wirklich allein. Jetzt habe ich keine Bilder mehr.

SIE: Ja. (SIE hält ihm die Hand)

ER: Warum, warum weinst du?

SIE: Wir haben überlebt. Das ist ein wunderbares Zeichen.

(Ein Cellphon läutet)

ER: Was ist das?

SIE: Mein Handy.

ER: Du hast Verbindung? Und das sagst Du mir erst jetzt. Wer ist dran?

SIE: Hallo.Ja, klar, wir sind in Ordnung. Ja, auf einer Hütte. Ja, Moment. Für dich!

ER: Für mich. (nimmt das cellphon) Hallo! Martha, Martha, wo bist du? Da bin ich erleichtert. Ich habe dich auch lieb. Ja, wir sehen uns unten an der Station.

SIE: Das Geschwür ist immer ein Teil von uns. Wir müssen es lieben. Auch wenn es uns böse erscheint. Es ist ein Teil von uns.

ER: Ja, du hast recht. Ich habe verstanden.

(ER steht auf.)

ER: Danke. (ER beginnt zu weinen wie ein Kind. SIE nimmt ihn in die Arme und tröstet ihn. Beide gehen nach draussen. Sie schauen auf die Berge.)

ER: Es riecht gut.

SIE: Vom Tal kommt der Duft der erwachenden Pflanzen.

ER: Ja, lass uns runter gehen.

SIE: Absteigen.

ER: Ja, absteigen.

(Sie nehmen ihre Rucksäcke verlassen die Hütte, steigen ab. Zurück bleibt nur die lang anhaltende Stille)

Ende