LEBENSGESCHICHTE von Elisabeth
I.
Elisabeths Kindheit und Jugend
waren überschattet und gefährdet durch wechselnde familiäre und politische
Geschicke. Sie nutzte jedoch ihre Zeit, um zu lernen und überraschte ihre
Lehrer durch Intelligenz, Auffassungsgabe und geistige Wendigkeit. Sie erwarb
sich eine umfassende Bildung, lernte Latein, Griechisch, Italienisch und
Französisch und war in der Lage, spontane Reden in den alten Sprachen zu
halten. Sie wurde protestantisch erzogen. Ihre Halbschwester Maria Tudor erkannte rasch die große Gefahr, die ihr durch Elisabeths Einfluß von protestantischer Seite drohen konnte und ließ sie kurzerhand in den Tower sperren. Durch geschicktes Taktieren, Treueschwören und Besuch der katholischen Messe sowie einen Prozeß, der nichts Belastendes zutage brachte, konnte sie Maria überzeugen, daß sie ihr loyal gesinnt war. Trotzdem wurde sie aber weiter unter Hausarrest gestellt. |
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Elisabeth war 25 Jahre alt, als sie nach dem Tod von Maria Tudor an die Regierung kam, und sie trat kein leichtes Erbe an. Die Thronfolge war nicht eindeutig, und die diesbezü glichen Ansprüche Maria Stuarts machten ihr zu schaffen. Als junge Königin sah sie sich konfrontiert mit dem Krieg gegen Frankreich, den England an der Seite Spaniens führte. Hier rettete sie, was möglich war und sorgte im Interesse ihres Landes für eine rasche Abwicklung. Sie bemühte sich, als gemäßigte Protestantin Ruhe in die Glaubenskontroversen zu bringen, und sie kümmerte sich um die zerrütteten Staatsfinanzen. Sie hatte eine glückliche Hand in der Wahl ihrer Räte, die ihr klug und tatkräftig zur Seite standen und das Wohl des Landes mehren halfen. Und — was nicht unterschätzt werden darf — klug und instinktsicher erfüllte sie die allgemeinen Erwartungen, die man mit dem Bild des Herrschers verband und trug dem Pomp- und Ritualbedürfnis überzeugend Rechnung. |
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Ihre Selbstdarstellung als
Herrscherin wird als großartig und glanzvoll beschrieben und weist auf eine
magisch-mythische Bewußtseinsstufe hin. Sie hat, dem jahrelangen Druck des
Parlaments nachgebend, das Todesurteil für Maria Stuart unterzeichnet,
nachdem ihr juristisch keine andere Wahl blieb und niemand sich bereit
erklärte, Maria heimlich zu ermorden, wie es sich viele gewünscht hätten, um
Aufsehen zu vermeiden. Elisabeth muß sich bitter beklagt haben, daß ihr
diesen »Liebesdienst« niemand erwies. So blieb ihr nur der öffentliche Prozeß
und die Hinrichtung.
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Quelle: Roswitha
Klaiber;Schriftbilder berühmter Frauen; Verlag Gerd Hatje